Perugia Umbriens Hauptstadt Tübingens Partnerstadt |
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Im Herzen Italiens liegt das 'grüne UmbrienÆ, und im Herzen der 'Umbria verde' liegt Perugia: eine uralte und zugleich höchst lebendige, moderne Stadt mit 148500 Einwohnern, zwei Universitäten, einer Kunstakademie, einer Musikschule, einem Priesterseminar, zahlreichen Museen und Galerien, Bibliotheken und Archiven, Theatern und Konzertsälen. Perugia ist außerdem Erzbistum, Sitz der Regional- und Provinzialverwaltung, Landwirtschaftszentrum und Standort für bedeutende Industrien. Was die vielen Besucher aber am meisten fasziniert, ist das unversehrt erhaltene historische Stadtbild, das von etruskischen Toren, mittelalterlichen Kirchen, Renaissancebauten, verwinkelten Gassen und geräumigen Plätzen geprägt wird. Geschichte Das alte und moderne Perugia breitet sich auf einem fast fünfhundert Meter hohen, sanft abfallenden Hügel aus, der einen weiten Ausblick auf das fruchtbare Tibertal, die Bergkette des Apennin und den Trasimener See gewährt. Gegründet wurde die Stadt von den Umbrern, die um 1000 v. Chr. zusammen mit den Oskern und den Latinern, also den späteren Römern, in Italien einwanderten. Vom 6. vorchristlichen Jahrhundert an geriet die Umbrer-Siedlung aber immer stärker unter etruskischen Einfluß, bis sie schließlich nach 400 als eine der mächtigsten und bevölkerungsreichsten Vertreterinnen dem etruskischen Zwölfstädtebund angehörte. Doch schon zwischen 310 und 295 fiel Perugia endgültig an die Römer, ohne jedoch sein etruskisches Erbe aufzugeben. Ende und Neubeginn brachte dann der nach Cäsars Ermordung ausbrechende Bürgerkrieg, als nämlich Octavian-Augustus die auf Seiten seines Gegenspielers Marcus Antonius stehende Stadt nach mehrmonatiger Belagerung 40 v. Chr. zerstörte und später als 'Augusta Perusia' wieder aufbauen ließ. Die zweite Zerstörung erfolgte, ebenfalls nach langer Belagerung, durch Totilas Ostgoten im Jahre 547. In der Folgezeit kam Perugia an Byzanz, die Langobarden und durch Schenkungen Pippins des Jüngeren (754) und Karls des Großen (784) an den Kirchenstaat. Allerdings betrieben die Peruginer eine von Rom weitgehend unabhängige Politik und erweiterten kontinuierlich ihre städtischen Freiheiten. Eine Urkunde von 1130 zeigt, daß vom Volk gewählte Konsuln die Regierung führten, deren Ziel es war, benachbarte Städte zu unterwerfen und den eigenen Machtbereich auszudehnen. Entsprechend den wirtschaftlichen Veränderungen, in deren Verlauf Handel und Gewerbe an Bedeutung gewannen, dominierten um 1300 eindeutig die Zünfte. Die politische und soziale Spaltung des Volkes in 'Popolani' und 'Nobili', hier übrigens Raspanti und Beccherini genannt, verursachte innere Unruhen, die sich im 15. Jahrhundert zu blutigen Fehden zwischen den um die Alleinherrschaft ringenden Geschlechtern der Oddi und Baglioni steigerten. Die Baglionen siegten zwar, doch mußte ihr letztes Familienmitglied, Gian Paolo, schon 1540 Papst Paul III. weichen. Von nun an gehörte Perugia für über drei Jahrhunderte, nur unterbrochen durch Napoleons kurze Herrschaft, zum Kirchenstaat. Erst bei der nationalen Einigung des Landes wurde die Stadt 1860 dem neuen Königreich Italien einverleibt. In den beiden Weltkriegen blieb Perugia unversehrt. Städtepartnerschaft Tübingen - Perugia Zahlreiche freundschaftliche Beziehungen - u.a. über die französische Stadt Aix-en-Provence (Partnerstadt Tübingens seit 1960 und Perugias seit 1970) - führten nach längeren Vorgesprächen dazu, daß Tübingen und Perugia 1984 eine offizielle Städtepartnerschaft schlossen. Mit Unterstützung seitens der Städte besuchen seither jährlich etwa 300 bis 500 Jugendliche und Erwachsene alte und neue Partner(gruppen) in Perugia oder Tübingen: Chöre und Orchester, Schauspieler, bildende Künstler, Schulklassen, Menschen mit Behinderungen, Sportmannschaften, Naturfreunde, Vertreter des Gemeinderats und der Stadtverwaltung. Sehenswürdigkeiten Perugia ist reich an Kunstwerken aus fast allen Epochen der europäischen Kulturgeschichte. An die Etrusker wird man nicht nur im Archäologischen Museum, das im Kloster San Domenico untergebracht ist, erinnert, sondern auch in der Stadt selbst mit ihrem antiken Mauerring und dem 'Arco Etrusco', der im 3. vorchristlichen Jahrhundert erbaut, von Augustus erneuert und in der Renaissance mit einer Loggia bekrönt wurde. Nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt befinden sich ausgedehnte Grabanlagen, wie etwa das Hypogäum der Volumnier und die erst Ende 1983 entdeckte Gruft der Familie Cutu mit über fünfzig Sarkophagen. Aus der frühchristlichen Zeit stammen die Kirchen SantÆ Angelo, ein Rundbau des 5. Jahrhunderts, und San Pietro, auf älteren Fundamenten um 1000 im vorromanischen Stil errichtet. Ihren Höhepunkt aber erreicht die Peruginer Kunst in der Gotik und Renaissance, als die Fontana Maggiore, der Palazzo dei Priori und der Dom S. Lorenzo entstehen, die auch heute noch das abwechslungsreiche und doch harmonische Bild des belebten Hauptplatzes, der Piazza IV. Novembre, bestimmen. Die Fontana Maggiore, die als schönster Brunnen des mittelalterlichen Italien gilt, wurde von Fra Bevignate entworfen und von den Künstlern Nicolo und Giovanni Pisano 1278 ausgeführt. Der zwischen 1293 und 1353 erbaute, mächtige Palazzo dei Priori, auch Palazzo Comunale genannt, mit seinen dreibögigen Fensterreihen beherbergt u.a. die Umbrische Nationalgalerie. Hier kann man neben Skulpturen und Schnitzereien die Gemälde von Fra Angelico, Piero della Francesca, Benozzo Gozzoli und Filippo Lippi bewundern, die wohl alle zeitweise in Perugia gearbeitet haben; besondere Aufmerksamkeit verdient jedoch die 'Umbrische Schule' mit den Werken der großen Söhne der Stadt, nämlich Benedetto Bonfigli, Fiorenzo di Lorenzo, Pinturicchio und natürlich Pietro Vannucci (ca. 1450-1523), der nach seiner wichtigsten Wirkungsstätte nur als Perugino bezeichnet zu werden pflegt. An den Palazzo dei Priori schließt sich das Collegio del Cambio an, die wegen Peruginos allegorischem Freskenzyklus berühmte Geldwechslerbörse. Der 1345 begonnene Dom wurde 1490 im gotischen Stil einer Hallenkirche vollendet, als man sonst schon längst der Renaissancebauweise den Vorzug gab, wie das 1457-61 von Agostino di Duccio geschaffene Oratorio di San Bernardino beweist. Zusammen mit der Loggia des Braccio Fortebraccio, dem Palazzo del Capitano del Popolo und der Porta San Pietro zählt die Bernhardins-Kapelle zu den besten Architekturleistungen der Renaissance in Perugia und ganz Umbrien. Aus dem späten Barock sind schließlich noch zu erwähnen das reich verzierte Theater Morlacchi und der Palazzo Gallenga, in dem die Kurse der vielbesuchten Ausländer-Universität abgehalten werden. Umgebung Während Goethe für Tübingen bekanntlich nur wenig lobende Worte fand, schrieb er über seinen Aufenthalt in Perugia am 25. Oktober 1786: 'Die Lage der Stadt ist schön, der Anblick des Sees höchst erfreulich. Ich habe mir die Bilder wohl eingedrückt.' Tatsächlich beeindrucken Perugia und Umbrien durch ihre Naturschönheiten ebenso wie durch ihre Kunstschätze. Der von Goethe erwähnte Lago Trasimeno, an dem Hannibal den Römern 217 v. Chr. eine verheerende Niederlage zufügte, liegt so nahe bei der Stadt, daß er auch als 'See von Perugia' bezeichnet wird. Den langen Sommer über nutzen ihn die Peruginer zum Baden, während man im Winter am 2500 m hohen Monte Vettore Skilaufen kann. Trotz dieser Freizeitmöglichkeiten ist Umbrien nicht von Touristen überfüllt. Noch kann man ziemlich ungestört das Land bereisen, das zu 53 % gebirgig, zu 41 % hügelig und nur zu 6 % eben ist. Noch gibt es das grüne Umbrien mit gesunden Wäldern und sauberen Gewässern, zumal die umweltbelastende Industrie bisher auf den südwestlichen Zipfel um Terni begrenzt blieb. Die übrigen meist kleinen Städte der Region sind weniger Wirtschaftszentren als vielmehr historische Kunstzentren, die alle einen Besuch wert sind:
Assisi
mit der von Giotto ausgemalten Basilika des Hl. Franziskus und dem von Goethe so bewunderten römischen Minerva-Tempel. |
Piazza IV. Novembre mit der Fontana Maggiore und dem Palazzo dei Priori Arco Etrusco, 'Etruskisches Tor' oder auch 'Augustus-Bogen' genannt, neben dem Palazzo dei Priori und der Fontana Maggiore ein Wahrzeichen der Stadt Die Kirche St' Angelo, ein frühchristlicher Rundbau aus dem 5. Jahrhundert Beato Angelico: Thronende Madonna zwischen Heiligen (ca. 1437). Mittelteil des Polyptychons aus der Kirche S. Domenico. Heute in der Umbrischen Nationalgalerie Perugia Das mittelalterliche Perugia mit seinen verwinkelten Gassen, schmalen Treppen, Brunnen, und Rundbögen Panorama der auf einem fast fünfhundert Meter hohen Hügel gelegenen Hauptstadt Umbriens |